Michèle Kiesewetter

Michèle Kiesewetter wurde am 10. Oktober 1984 in Oberweißbach im Thüringer Wald geboren. Ab 2003 absolvierte sie ihre Ausbildung bei der Bereitschaftspolizei.1

Am 25. April 2007 wurde Michèle Kiesewetter während eines Einsatzes in Heilbronn erschossen. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Martin A. befand sie sich zur Mittagspause in einem Streifenwagen auf der Theresienwiese, als sich ihnen zwei Personen von hinten näherten und gezielt in die Köpfe der Beamtinnen schossen. Kiesewetter starb noch am Tatort, ihr Kollege überlebte schwer verletzt.2 Die Täter entwendeten beide Dienstwaffen und Handschellen. Die Tat wurde zunächst keinem politischen Hintergrund zugeordnet, obwohl es sich um einen gezielten Mord an uniformierten Polizistinnen handelte.

Die Ermittlungen führten zunächst in eine völlig falsche Richtung: monatelang konzentrierten sich Polizei und Medien auf die vermeintliche Spur einer unbekannten Frau, dem sogenannten „Phantom von Heilbronn“, dessen DNA fälschlicherweise an mehreren Tatorten gesichert worden war. Erst im November 2011, nach dem Auffinden der Dienstwaffen im Wohnmobil sowie weiteren Beweismitteln wurde der Mord als Tat des rechtsterroristischen NSU eingestuft.

Trotz der klaren Einordnung in den NSU-Komplex bleiben bis heute viele Fragen ungeklärt. War es ein gezielter Angriff auf staatliche Repräsentant*innen, wie es die Bundesanwaltschaft vermutete, oder ging es um die Beschaffung von Waffen, wie eine Täter*in später angab? Sie erklärte in einer Aussage 2023, dass die Polizist*innen auf ihren Kollegen geschossen habe. Außerdem berichtete sie, dass die Täter am Tatort einen „NSU“-Schriftzug hinterlassen hätten, der jedoch nicht wahrgenommen worden sei.3

Auch strukturelle Fragen stehen weiterhin im Raum. So gab es Hinweise auf Verbindungen von Polizeikollegen zum Ku-Klux-Klan, in dem auch Michèle Kiesewetters damaliger Ausbilder Mitglied gewesen war. Die Rolle möglicher Unterstützerinnen oder Mitwisserinnen wurde weder im Prozess umfassend geklärt noch vollständig strafrechtlich verfolgt.

An Michèle Kiesewetter erinnert heute eine Gedenktafel an der Theresienwiese in Heilbronn. Sie wurde unter großer öffentlicher Anteilnahme beigesetzt. Auch im Jahr 2022, zum 15. Todestag, ehrte der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl sie mit einer offiziellen Gedenkrede. Schulen, Initiativen und Städte übernehmen Patenschaften für Gedenkbäume und setzen sich für eine Erinnerungskultur ein, die nicht nur des Opfers gedenkt, sondern auch die politischen und strukturellen Dimensionen der Tat benennt.

Eine Baumhassel zum Gedenken an Michèle Kiesewetter steht auf dem Gelände des Theater und Konzerthauses.

Die Patenschaft für den Baum zu Ehren von Michèle Kiesewetter hat Oberbürgermeister Tim Kurzbach übernommen.
  1. Neumeyer, Jochen: Wie und warum starb Polizistin Michèle Kiesewetter? In: n-tv.de, 15.01.2014.; Art. „Michèle Kiesewetter“ Amadeu Antonio Stiftung 2023. ↩︎
  2. Ramelsberger, Anette: Der Zeuge mit der Kugel im Kopf; in: Süddeutsche Zeitung, 2014. ↩︎
  3. Deglow, Hans-Jürgen / Friese, Carsten: Polizistenmord: NSU-Schriftzug sorgt weiter für Diskussionen. In: Heilbronner Stimme. 24. Mai 2017 ↩︎