10+1 Bäume

Habil Kılıç wurde 1963 in Borçka an der türkischen Schwarzmeerküste geboren und wuchs später in Ankara auf. Dort lernte er seine spätere Frau kennen, die aus Deutschland stammte. 1985 heirateten sie, und als Anfang der 1990er Jahre ihre Tochter geboren wurde, zog Kılıç zu seiner Familie nach München. Anfang der 2000er Jahre eröffnete er gemeinsam mit seiner Frau einen Frischwarenladen mit Gemüse, Obst und türkischen Spezialitäten in der Bad-Schachener-Straße. Trotz der vielen Arbeit im eigenen Laden war er hauptberuflich weiterhin in einer Großmarkthalle tätig und half nach Feierabend im Geschäft seiner Frau aus.

Am 29. August 2001 wurde Habil Kılıç im Familienladen in München-Ramersdorf durch zwei Kopfschüsse vom NSU ermordet. Der Mord ereignete sich mitten in der Stadt, nur etwa 100 Meter von einer Polizeistation entfernt. Der Verlust war für die Familie ein unermesslicher Schicksalsschlag. Seine Frau sagte nach dem Mord:

„Ich habe alles verloren: meinen Mann Habil, den Vater meiner Tochter, meine finanzielle Lebensgrundlage, meine Gesundheit.“¹

Während ihrer Aussage im NSU-Prozess wandte sie sich direkt an die Hauptangeklagte und fragte eindringlich: „Können Sie das verstehen? Was die Leute über uns reden?“ Sie berichtete, dass sie bis heute in psychiatrischer Behandlung sei. Ihre Tochter wurde damals von der Schule verwiesen – aus Angst, es könne erneut zu einem Anschlag kommen.²

Die Familie musste nach dem Mord sogar selbst das Blut ihres Angehörigen aus dem Laden entfernen, da kein Tatortreiniger geschickt wurde. Bis heute erinnert eine Gedenktafel am ehemaligen Geschäft an Habil Kılıç und die anderen NSU-Opfer.³