Keupstraße 2004: Rassistischer Nagelbombenanschlag in Köln
Am 9. Juni 2004 explodierte in der Keupstraße in Köln ein mit Nägeln bestückter Sprengsatz vor einem Friseursalon. Über 20 Menschen wurden verletzt, einige von ihnen schwer. Viele leiden bis heute unter den physischen und psychischen Folgen. Der Anschlag wurde vom sogenannten Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) verübt. Die Keupstraße, ein bis heute beliebtes Zentrum migrantischen Lebens, wurde gezielt angegriffen. Der Anschlag war ein Akt des Terrors nicht nur gegen Einzelpersonen, sondern gegen eine ganze Community. Er richtete sich gegen das selbstbestimmte Leben von Menschen mit Migrationsgeschichte in Deutschland.
Die Betroffenen selbst wiesen früh darauf hin, dass der Nagelbombenanschlag ein rassistisches Motiv haben könnte. Doch ihre Stimmen wurden ignoriert. Die Ermittlungsbehörden hielten an kriminalisierenden Verdächtigungen gegen die Opfer fest – Hinweise auf einen rechten Hintergrund wurden systematisch ausgeblendet. Die Dokumentation „Der Kuaför aus der Keupstraße“, denn man auf der Seite der Bundeszentrale für politische Bildung umsonst streamen kann, schildert eindrücken den Umgang und die Täter-Opfer Umkehr, denen die Betroffenen und Angehörigen während den Ermittlungen ausgesetzt waren.1
„Der Kuaför aus der Keupstraße“ – Der Dokumentarfilm von Andreas Maus gibt den Überlebenden des NSU-Nagelbombenanschlags von 2004 in Köln eine Stimme und zeigt die Folgen der Ermittlungen, die jahrelang an den Betroffenen vorbei gingen.
Erst mit der Selbstenttarnung des NSU im Jahr 2011 wurde klar: Der Anschlag in der Keupstraße war kein Einzelfall, sondern Teil einer systematischen rassistischen Gewalttat, deren Strukturen bis heute nicht vollständig aufgeklärt sind. Die Initiative Keupstraße ist überall kämpft seitdem für Anerkennung, Aufklärung und ein würdiges Gedenken. Die Stimme der Überlebenden, wie etwa die von Atilla Özer, der 2017 an den Spätfolgen des Anschlags verstarb, ist dabei zentral.2
Ein zentraler Ausdruck dieses Engagements ist der jahrelange Kampf für ein Mahnmal in der Keupstraße, als Ort des Erinnerns, aber auch als politisches Zeichen gegen das Vergessen und die Verharmlosung rechter Gewalt. Trotz Widerständen aus Verwaltung und Politik setzten sich Betroffene und Unterstützer*innen unermüdlich für die Sichtbarkeit ihrer Geschichte ein.
Die Keupstraße steht heute nicht nur für Schmerz und Gewalt, sondern auch für Widerstand, Solidarität und das beharrliche Einfordern von Gerechtigkeit. Ihr Name mahnt: Rassismus ist kein Randphänomen. Er hat eine Geschichte und wirkt bis in die Gegenwart.
- Vgl. Dosdall, Henrik: Organisationsversagen und NSU-Ermittlungen. Braune-Armee-Fraktion, Behördenlernen und organisationale Suche; in: Zeitschrift für Soziologie, 47/6, S. 402–417, S. 403-404.; Dengler, Pascal/Foroutan, Naika: Die Aufarbeitung des NSU als deutscher Stephen- Lawrence-Moment? – Thematisierung von institutionellem Rassismus in Deutschland und Großbritannien; in: Rassismuskritik und Widerstandsformen. hrsg. von Karim Fereidooni und Meral El. Wiesbaden 2017, S. 429–446. ↩︎
- Vgl. Konzeptions- und Machbarkeitsstudie für ein Dokumentationszentrum zum NSU-Komplex in Südwestsachsen. Leipzig, S. 33, https://www.nsudoku.de/raa-sachsen/files/Studie-Dokumentationszentrum-RAA-2023-Web.pdf (zuletzt aufgerufen am 16. Juni 2025). ↩︎
